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21.12.2015 - Wahlprüfungsverfahren zur Wahl der Bremischen Bürgerschaft vom 10. Mai 2015

Datum der Entscheidung
21.12.2015
Aktenzeichen
14 K 1330/15
Normen
BremWahlG § 31
BremWahlG § 37
BremWahlG § 38
Rechtsgebiet
Wahlprüfungsrecht
Schlagworte
Bürgerschaftswahl
Neuauszählung
Substantiierungsgebot
Wahlprüfung
Wahlprüfungsgericht
Zählfehler
Leitsatz
1. Eine Wahlanfechtung wegen Zählfehlern erfordert deren substantiierte Geltendmachung innerhalb der Einspruchsfrist.

2. Bei der Entscheidung über die Gültigkeit der Stimmabgabe steht den Wahlvorständen kein Beurteilungsspielraum zu. Entscheidendes Kriterium für die Gültigkeitsbewertung ist die Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit des Erklärungswertes jeder einzelnen Stimme. Auch andere Kennzeichnungsformen als Kreuze sind nach § 28 BremWahlG zulässig. Die Stimmen sind soweit wie möglich aufrechtzuerhalten.

3. Auch bei einem knappen Wahlergebnis führt nicht jede Feststellung von Zählfehlern zu einer Neuauszählung aller Wahlbezirke. Das Substantiierungsgebot ist ein wesentliches Element des Wahlprüfungsverfahrens. Es steht einer Amtsermittlung, die von der bloßen Annahme weiterer Zählfehler getragen wird und die letztlich "ins Blaue hinein" erfolgt, grundsätzlich entgegen. Nur wenn die Zählfehler aufgrund ihrer Anzahl oder ihrer Art auf systematische Mängel der Auszählung hindeuten, besteht Anlass für eine Nachzählung im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme.

4. Das bei jeder Wahl bestehende Risiko von Zählfehlern stellt die grundsätzliche Vertrauenswürdigkeit der Auszählwahlvorstände und die Legitimität des aus Wahlen hervorgegangenen Parlaments nicht in Frage.

5. Eine die Neuauszählung aller Wahlbezirke rechtfertigende Ausnahmekonstellation liegt auch dann nicht vor, wenn neben den festgestellten Zählfehlern die weiteren von den Einspruchsführern geltend gemachten Wahlfehler im Rahmen einer Gesamtschau berücksichtigt werden.