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06.11.2014 - Zensusklage Bremerhaven

Datum der Entscheidung
06.11.2014
Aktenzeichen
4 K 841/13
Normen
GG Art 2 Abs 1 i.V.m. Art 1 Abs 1
GG Art 28 Abs 2
GG Art 38 Abs 1 S 1
GG Art 73 Abs 1 Nr 11
StichprobenV § 3
ZensAG § 2
ZensG 2011 § 16
ZensG 2011 § 17
ZensG 2011 § 19
ZensG 2011 § 7 Abs 1 S 2 Nr 1
Rechtsgebiet
Verfahren nach dem Gesetz über den registergestützten Zensus
Schlagworte
Einfacher relativer Standardfehler
Einwohnerzahl
Kommunale Selbstverwaltung
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Zensus 2011
Leitsatz
1. Die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber Gemeinden im Rahmen des Zensus 2011 stellt einen Verwaltungsakt dar. Führt dieser zu einer Verringerung der amtlichen Einwohnerzahl, ist die Anfechtungsklage statthaft, weil bei dessen Aufhebung die Einwohnerzahl nicht auf Grundlage des Zensus 2011, sondern der Volkszählung 1987 fortzuschreiben ist.

2. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verlangt aufgrund der finanziellen Bedeutung der Einwohnerzahl, dass diese hinreichend genau bestimmt wird. Ihre Festsetzung bedarf deshalb einer gesetzlichen Grundlage, die mit dem ZensG 2011 gegeben ist.

3. Das ZensG 2011 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung, sämtliche Bürger zu befragen, besteht nicht. Ebenfalls kann eine Gemeinde nicht beanspruchen, dass ihre tatsächliche Einwohnerzahl als amtliche Einwohnerzahl festgesetzt wird.

4. Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung ist durch die unterschiedlichen Zensusmethoden abhängig von der Gemeindegröße nicht verletzt. Es verlangt, dass die Ergebnisgenauigkeit bundesweit nicht übermäßig differiert. Zwar bestehen Zweifel, dass diese Vorgabe im Ergebnis durch den Zensus 2011 erreicht worden ist. Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des Zensus jedoch einen weitreichenden Gestaltungs- und Prognosespielraum. Weil er von einer vergleichbaren Ergebnisgenauigkeit ausgehen konnte, verstößt das ZensG 2011 nicht gegen das Grundgesetz.

5. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 ist eine zwingende Qualitätsvorgabe, von deren Erreichen das Statistische Bundesamt vor der Durchführung des Zensus 2011 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgegangen sein muss. Die Vorgabe muss durch den Zensus 2011 aber nicht zwingend erreicht worden sein. Die Qualitätsvorgabe bezieht sich nur auf den sog. Stichprobenfehler, nicht hingegen auf andere Fehlerquellen wie Mess- und Prozessfehler.

6. Um zu verhindern, dass die weiteren Fehlerquellen des Zensus 2011 zu einer übermäßigen Fehlerquote des Zensus führen, bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung des ZensG 2011. Bei der Durchführung des Zensus sind statistische Standards einzuhalten.

7. Die gerichtliche Überprüfung der Zensusergebnisse ist beschränkt, weil personenbezogene Daten nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden dürfen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Durch die Beschränkung wird dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen.